Dieses museale Gemälde zeigt die Gottesmutter Maria in kontemplativer Haltung zusammen mit dem verspielten Jesuskind, das vor ihr auf einem Tisch sitzt. Die Szene ist in einem Innenraum verortet. Maria blickt schräg nach links unten, während das Kind nach rechts blickend dargestellt ist. Mit dem Zeigefinger der rechten Hand verweist es in dieselbe Richtung, während der Handrücken seiner linken Hand jene der Mutter berührt. Diese innige Haltung verdeutlicht die intime Beziehung zwischen Mutter und Kind. Weiters zeigen die unterschiedlichen Blickrichtungen typischerweise die Rolle der Jungfrau als Fürsprecherin an, die sich den Betrachtern meist zuwendet. Hier ist besonders die Menschlichkeit des Kindes betont, das nackt dargestellt ist und das beiliegende Tuch kaum übergeworfen hat. Die Füßchen des Kindes scheinen vergnügt zu strampeln, wobei dies den menschlich-kindlichen Aspekt Christi verdeutlicht. Maria ist jedoch äußerst nachdenklich und introspektiv gezeigt, wohl bereits auf die zukünftige Passion ihres Sohnes verweisend. Sie trägt ein luxuriöses Kleid mit Goldborte sowie ein samtig-schweres Übergewand, das komplex über ihre Schultern und Arme drapiert ist.
Die Komposition ist wohl eine Variation des bedeutenden Spätwerks des niederländischen Renaissancemalers Jan Gossaert, genannt Mabuse (Antwerpen 1478 – 1532 ebenda), wobei sich die künstlerische Ausführung, die Verortung und das Kolorit gänzlich unterscheiden. Das Tafelbild von 1531 ist heute im Cleveland Museum of Art zu begutachten (Inv.-Nr. 1972.47). Durch die Forschung ist bekannt, dass diese Komposition einerseits starke Ähnlichkeiten mit zwei Werken Albrecht Dürers (1471 Nürnberg – 1528 ebenda) aufweist: mit der Zeichnung des 93-jährigen Mannes von 1521 (Graphische Sammlung Albertina, Inv.-Nr. 3167) und mit dem Gemälde der „Maria und Kind“ mit der Birne von 1512 (Gemäldegalerie Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. 848). Weiters ist hier der naturalistisch über dem Kopf drapierte Schleier Mariens besonders markant und dürfte sich definitiv an Gossaerts Werk anlehnen.
Anders als bei Gossaert ist hier jedoch ein Innenraum mit besonders prägnanter Schattengebung mit einem Lichteinfall von oben links gezeigt. Weiters sind das Kolorit und die Modellierung der Haut und Stofflichkeit unterschiedlich; hierbei handelt es sich um besonders kräftige, leuchtende Farben, die durch kühne Hell-Dunkel-Kontraste zusätzlich hervorgehoben werden. Diese Kombination aus dunklem Unterkleid mit Goldborte und rotem Mantel ist auch bei weiteren Madonnendarstellungen Gossaerts zu sehen. Außerdem zeichnet sich das Bild durch scharfe Gesichtskonturen sowie geschwärzte Umrisslinien des Textils aus. Interessante divergierende Aspekte sind außerdem das weniger kindlich, sondern gütig-weise modellierte Gesicht des Kindes sowie der herabschauende, vom Kind abgewandte Blick Marias, während Gossaert seine Maria auf ihr Kind blickend darstellt. Hierbei handelt es sich um eine Bedeutungsverschiebung im Gesamtausdruck: Sowohl die veränderte Blickrichtung als auch die Verortung in einem Innenraum macht die Szene unmittelbar erlebbar, als würde man durch ein Fenster in ein Haus sehen und die Figurengruppe dort vorfinden.
Diese Merkmale – leuchtendes Kolorit und schwarze Umrisse – sind besonders typisch für einen namentlich unbekannten Künstler, der den Notnamen „Meister der weiblichen Halbfiguren“ erhielt. Dieser war zwischen 1525 und 1550 im Süden der Niederlande und in Antwerpen tätig. Seine zahlreichen unsignierten Gemälde zeigen meist weibliche, halbfigurige Einzelportraits, wobei er sowohl die Gunst kirchlicher als auch weltlicher Auftraggeber genoss und sich demnach an verschiedenen Kompositionsschemata orientierte; mit hoher Wahrscheinlichkeit auch an einem Bildtypus, nach dem auch Gossaert sein Werk fertigte. Es handelt sich hierbei also um ein bedeutendes Werk eines meisterhaften Malers, der sich im Umkreis von Gossaert bewegte.