MUSEALES PAAR FLIEGENDE ENGEL

Brabant/Brüssel
Um 1500
Eichenholz, vollrund geschnitzt
Höhe 40/38 cm

Bei diesen zwei Figuren handelt es sich um ein Paar fliegender Engel, die um 1500 in der Provinz Brabant in Flandern gefertigt wurden. Sie sind aus Eichenholz geschnitzt und haben die Maße 38-40 cm. Die Engel können dem Umkreis von Jan Borman dem Älteren, einem bedeutenden flämischen Schnitzmeister der Spätgotik bzw. der niederländischen Renaissance, zugeschrieben werden, welcher zwischen 1479 und 1520 in Brüssel tätig war. Er war Begründer einer Brabanter Bildhauerdynastie und trat im Jahr 1479 einer Bildschnitzer-Gilde in Brüssel bei. Als Referenzwerk dieser Bildhauerfamilie gilt das Heiligen-Georg-Retabel für die Kapelle Onze-Lieve-Vrouw van Ginderbuyten in Löwen, welches er möglicherweise zusammen mit seinem Sohn Jan Bormann dem Jüngeren im Jahr 1493 ausführte. Im Jahr 1511 bekam er außerdem den Auftrag, Holzmodelle für die Grabmäler für den Herzog und die Herzogin von Brabant herzustellen.

Die Engel sind in gelängt-manieristischer, bewegter Form gezeigt; die abgewinkelten Beine und das aufgewirbelte Gewand verraten, dass sich die Engel wohl gerade im Flug befinden. Die Schlitze der separat geschnitzten und später angestückten Flügel sind deutlich am Rücken der vollrund ausgeführten Figuren zu sehen. Besonders eindrucksvoll ist die reich verzierte Kleidung mit unterschiedlich dekorierten Oberteilen mit kunstvoller, ornamentenreicher Textiloberfläche. Typisch für Schnitzereien aus Brabant sind hierbei auch die langen, schlauchförmigen Falten der Draperie. Besonders charakteristisch sind jedoch die kurzen, beinahe schwerelos-üppigen Haarlocken, die im Mittelscheitel geteilt sind und in zwei kleinen Löckchen über der Stirn münden. Diese Ausprägung ist vergleichbar mit einer Figur des Arenberger Klagebilds von 1470-80 (Detroit Institute of Arts, Inv.-Nr. 61.164) oder den Leuchterengeln um 1500 (Detroit Institute of Arts, Inv.-Nr. 25.18-19). Weitere Vergleichsbeispiele befinden sich im Cleveland Museum of Art (Inv.-Nr. 1948.475) und in einer Auktion von Sotheby’s aus dem Jahr 2019 (Lot 21), wobei letztere Figur eines Engels eine ähnliche Haarpracht hat sowie dieselben schlitzartigen Öffnungen am Rücken aufweist, wo sich ursprünglich angestückte Flügel befunden haben mussten. Jedoch sind die hier vorgestellten Engel weitaus reicher verziert, wie dies häufig bei den Schnitzfiguren von Jan Borman zu sehen ist. Sein Stil wird besonders mit sorgfältig geschnitzten dekorativen Details der zeitgenössischen Kostüme und kunstvollen Haaren sowie mit dynamischen Posen in Verbindung gebracht.

Die besonnen-gütigen Gesichter mit mandelförmigen Augen, geraden Nasen und kleinen Mündern sind nach unten gerichtet, wohl auf den Betrachter herabschauend. Die fast individuell wirkenden Gesichter zeugen von einem lebensnahen Ausdruck expressiver Frömmigkeit, die durch die zum Gebet gefalteten Hände betont wird. Dadurch zeigen die Himmelsgeschöpfe den Gläubigen vor, welche Haltung sie einnehmen sollen. Da seit dem 15. Jahrhundert die Nachfrage nach Altären für die private Frömmigkeit stieg, könnte es sich hier um Figuren eines Altars für eine repräsentative Hauskapelle handeln. Sehr verwandt ist in diesem Zusammenhang aus der Brüsseler Schnitzaltar vom Anfang des 16. Jahrhunderts aus dem Museum Schnütgen in Köln. Es handelt sich um eine äußerst seltene Gelegenheit, ein Werk aus dem Umkreis dieser bedeutenden Bildhauerdynastie und gleich zwei Figuren in musealer Ausführung der niederländischen Renaissance zu erwerben.

https://www.dia.org/art/collection/object/lamentation-64850

https://www.dia.org/art/collection/object/angel-holding-candlestick-25064

https://www.dia.org/art/collection/object/angel-holding-candlestick-25065

https://www.clevelandart.org/art/1948.475

https://www.sothebys.com/en/buy/auction/2019/old-master-sculpture-works-of-art-2/attributed-to-jan-borman-i-active-circa-1460-circa

https://museenkoeln.de/portal/bild-der-woche.aspx?bdw=2002_10